Donnerstag, 19. Oktober 2006
Verlorene Stadt - vergessenes Volk
Liebe Freunde, Verwandte, Kollegen, Bekannte!

Seit dem letzten Beitrag ist zwar taeglich was passiert, aber ich spar mir das jetzt mal im Detail. Sonst gibts ja gar nix mehr zu erzaehlen, wenn wir wiederkommen.

Wir sind mittlerweile in Cuzco, Peru angelangt. Das war im 15 Jh. das Zentrum des Inka-Reiches. Wir sind beeindruckt. Was die so gebaut und vor allem wie sie es gebaut haben ist ziemlich prima. Fetteste Steine sind milimetergenau ineinandergepasst und stehen seit Jahrhunderten ohne Moertel dazwischen jeglichen Erdbeben zum Trotz froehlich in der Gegend rum.



Da die Spanier in ihrer Kolonialzeit ganz nach dem Prinzip ·Wer zuviel weiss, muss sterben· regiert haben, ist das Wissen ueber diese Technik leider verloren gegangen.

Gestern waren wir auf dem Machu Picchu, der sog. verlorenen Stadt der Inkas. Nur eine handvoll Touristen hatten sie gefunden (ca. pro Quadratmeter), aber wir waren ja zum Glueck schon um 6 Uhr zum Sonnenaufgang dort und mit die ersten, die dann aber zunaechst weder den Sonnenaufgang noch die Ruinen gesehen haben, weil noch alles schoen in Wolken eingehuellt war.




Spaeter wurde es dann aber ein astreiner Sonnentag.



Ich hab nicht ganz verstanden, warum die so hoch oben soviel gebaut haben, aber habs irgendwann einfach akzeptiert. Bringt ja auch nix staendig innerlich gegen sowas zu protestieren.

Nachdem wir morgens seit 4:30 Uhr schon zu Fuss den Berg zu den Ruinen erklommen hatten und dementsprechend geplaettet waren, kamen wir dann aber noch zu der glorreichen Idee, weiter auf den Waynu Picchu (im letzten Bild im Hintergrund zu sehen) zu klettern, von dem man eine wahrlich gute Sicht auf das ganze historische Spektakel hat.



Wir sind also einen sehr steilen Pfad (inkl. illustren Stufen, die, lieber Papa, nicht nach der Treppenformel gebaut waren ;-)) hochgeklettert, der in Deutschland als lebensgefaehrlich eingestuft und fuer saemtlichen Besucherverkehr geschlossen worden waere. Es ging wirklich abenteuerlich nach oben, allerdings hatte man grosszuegigerweise auf saemtliche Gelaender oder Warntafeln verzichtet. Man war mal wieder fuer sich selber verantwortlich und es war grossartig. Selbst wohlgenaehrte Amis und aeltere Mitbuerger sind wohlbehalten hoch und runtergekommen.

Gut, Maren ist wahnsinnig schnell vorangeklettert (um mir etwas zu beweisen) und ich kam kaum hinterher. Zum ersten Mal kamen mir Zweifel, ob ich nicht besser doch eine etwas aeltere Frau haette heiraten sollen. Jegliche sanfte Aufforderung zu einer Pause wurde ueberhoert. Spaeter hat sie dann gesagt, dass sie die ganze Zeit gehofft hat, ich wuerde mal eine Pause fordern. Ahhhh. Unsere Kommunikation koennte also noch verbessert werden.

Schliesslich haben wir ganz oben praechtig in der Sonne gesessen und die Melone (!), die ich heroisch seit den fruehen Morgenstunden mitgeschleppt hatte, gegessen. Ich war schliesslich nicht umsonst langsamer. Ein bisschen sauer war ich schon, dass Maren nur ein kleines Stueckchen davon essen wollte. Alle anderen Kletterer haben auch abgelehnt, weil sie meinten, kein Stueck annehmen zu koennen. War ja so anstrengend sie heraufzutragen und sie wollten mir nix wegessen. Kam mir halt ein bisschen verarscht vor und habe sie dann alleine gegessen.

Cusco selber ist aber auch ne entspannende Stadt.



Es gibt so eine Hauptgasse, wo einem alle 5 Meter eine Ganzkoerpermassage angeboten wird. Wenn man dann sagt, dass man schon 7 Angebote abgelehnt hat, wird man von einer jungen Dame freundlich darauf hingewiesen, dass ihre Massage noch viel besser und besonderer sei. Man fuehlt sich dann gleich total entspannt. Auch Schuhe putzen lassen ist so ne Sache. Besonders bei meinen Wanderstiefeln dauert das lange und in der Zeit ist man Freiwild fuer sehr, sehr viele Verkaeufer von allen vorstellbaren Produkten aus Alpaca-Wolle. Wer hier nicht Nein-Sagen lernt, ist ein hoffnungsloser Fall.

Diospi-Suyana
Waehrend unseres Aufenthaltes in dieser Region haben wir die einmalige Chance genutzt, um das gerade in Curahuasi (2,5h von Cuzco) entstehende Missionskrankenhaus Diospi-Suyana zu besichtigen (www.diospi-suyana.org).

Krankenhaus Diospi-Suyana

Nachdem die Konquistadoren ihren Glauben damals vemehrt als Grund zur Unterdrueckung und Ausnutzung der indianischen Bevoelkerung missbraucht haben, haben sich diesmal das Aerzteehepaar John (inkl. 3 Kindern) aus Deutschland aufgemacht, um in einer der aermsten Regionen Perus fuer die vergessenen Qechua-Indianer (und alle anderen Beduerftigen) ein Krankenhaus aufzubauen.

Ihr Glaube an Gott ist die zentrale Antriebskraft, die sich in ihrer Vision, ein Krankenhaus fuer die Aermsten Perus, wiederspiegelt. Diospi-Suyana heisst ·Wir vertrauen auf Gott· auf Qetchua und wer die Geschichte hoert, der versteht sehr leicht, was dieses Vertrauen bewegen kann. Alles wird durch Spenden finanziert. Die beiden Aerzte (Chirurg/Kinderaerztin) haben langjaehrige Erfahrung in Ecuador gesammelt und die guten und schlechten Erfahrungen werden hier in Peru sehr genial und absolut professionell umgesetzt. Wir haben die Baustelle besichtigt und koennen bestaetigen: Der Rohbau ist bald fertig.





Die Geschichte dieses ganzen Projektes hat uns total ueberwaeltigt und bewegt. Wer Dr. John (im letzten Bild neben Maren) von gigantisch vielen Gebetserhoerungen und ·Fuegungen des Himmels· reden hoert, der kann nicht anders als beindruckt sein. Mir standen bei so mancher Erzaehlung von ·zufaellig· geoffneten Tueren oder Wahnsinnspenden von irgendwelchen Firmenchefs, die ebenso gepackt waren wie wir, des oefteren die Traenen in den Augen. Wow. Geht selber mal auf die Webseite www.diospi-suyana.org und schaut euch mal um.

Gerade heute (19.10.) stand z.B. ploetzlich der Chef einer Firma, die medizinische Verbrauchsprodukte herstellt, auf der Baustelle und sagt: Ich habe neulich den Bericht in "Somos" (ne Zeitschrift wie der Stern in Deutschland) über Diospi Suyana gelesen und wollte mir das Projekt mal anschauen! Natürlich helfen wir mit. Wir können Ihnen eine ganze Menge an Krankenhausartikeln kostenlos zukommen lassen."

Solche Geschichten gibt es tonnenweise. Seitdem nun auch die Frau des Staatspraesidenten die Patin des Projektes geworden ist, oeffnen sich noch mehr Tueren.

Hier wird die Bergpredigt umgesetzt und wir sind begeistert und ermutigt. Heute Abend fahren wir mit dem Nachtbus nach Arequipa und werden dort nochmal 2 Wochen Sprachschule machen.

Liebe Gruesse nach Deutschland
Maren & Christian

*** alte Beitraege wie immer unter ·Themen· links in der Navigationsleiste ***

... comment